Kaffee und Gesundheit – Lob der Bohne
Lob der Bohne
Lange Zeit wurde der Kaffee verfemt. Jetzt entdecken Mediziner, dass das Getränk wohl die Herzgefäße vor Verkalkung schützt. Und das ist nicht der einzige Vorteil.
Ein Kaffee im richtigen Moment ist eines der wichtigsten Schmiermittel für ein gelungenes Sozialleben. Ohne die morgendliche Anfangsdosis Koffein wäre so mancher Zeitgenosse am Frühstückstisch nicht zu ertragen. Und im Berufsleben hält die Kaffeepause nicht nur den Blutkreislauf, sondern auch Klatsch und Tratsch in Schwung und befeuert die Illusion, durch das Heißgetränk auf sprühende Ideen zu kommen.
Dennoch wurden und werden dem Bohnenextrakt allerlei Risiken für Leib und Seele angedichtet. „C-A-F-F-E-E, trink nicht so viel Caffee“, warnt ein Kinderlied – „schwächt die Nerven, macht dich blass und krank“, sind demnach die drohenden Folgen. Dabei finden Wissenschaftler in jüngster Zeit immer mehr Belege dafür, wie Kaffee die Gesundheit fördert.
Ärzte und Epidemiologen aus Südkorea zeigen in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Heart (online), dass moderater Kaffeekonsum gut für Herz und Kreislauf ist und offenbar vor Gefäßverkalkung schützt. Wer drei bis fünf Tassen am Tag zu sich nimmt, so das Fazit der Autoren, weist die geringsten Ablagerungen in den Arterien auf.
Die Wissenschaftler aus Seoul hatten mehr als 25 000 gesunde Erwachsene nach deren Gewohnheiten befragt und alle ein bis zwei Jahre die Kalkablagerungen in ihren Herzkranzgefäßen erfasst. Viele Koreaner gehen regelmäßig zum Arzt, um sich gründlich untersuchen zu lassen. Der Kalkanteil in den Koronararterien ist ein Maß dafür, wie schnell die Kranzgefäße vorzeitig zu verstopfen drohen und ein Infarkt bevorsteht.
Wer ein bis drei Tassen trank, hatte weniger Kalk in den Kranzgefäßen; am wenigstens fand sich jedoch bei jenen, die auf drei bis fünf Tassen täglich kamen. „Es gibt offenbar eine U-förmige Beziehung zwischen Kaffeekonsum und Verkalkung“, so die Forscher. „Das Risiko für einen Verschluss der Arterien ist bei jenen erhöht, die gar keinen oder besonders viel Kaffee trinken.“
Die Wissenschaftler können nicht kausal begründen, warum Kaffee die Adern geschmeidig halten könnte. Es gibt zwar Hinweise darauf, dass die als Endothel bezeichnete Gefäßinnenhaut durch Inhaltsstoffe des Kaffees elastischer bleibt, günstige Auswirkungen auf andere Risikofaktoren könnten aber auch den positiven Gefäß-Effekt erklären. So konnten Forscher zeigen, dass Kaffee einer Diabetes-Neigung entgegenwirkt und die Insulinempfindlichkeit der Zellen verbessert. Dies trägt dazu bei, dass der im Blut zirkulierende Zucker besser und schneller verstoffwechselt wird. Die Adern von Diabetikern verhärten schneller.
Wie wirkt Kaffe auf den Blutdruck?
In anderen Untersuchungen wiesen Mediziner nach, dass regelmäßiger Kaffeekonsum mit günstigeren Blutfetten einhergeht und besonders das „böse“ LDL-Cholesterin nicht so stark erhöht ist wie bei Menschen, die sehr wenig oder besonders viel Kaffee zu sich nehmen.
„Es gibt zwar unterschiedliche Ergebnisse zu der Frage, ob Kaffee gut für das Herz-Kreislauf-Risiko ist oder nicht“, so die Autoren. „Doch in letzter Zeit haben mehrere große Untersuchungen und Überblicksarbeiten hauptsächlich positive Wirkungen gezeigt.“ So hat 2014 eine Meta-Analyse von 36 Studien im Fachmagazin Circulation belegt, dass der langfristige Konsum von vier Tassen Kaffee am Tag sich günstig auf die Herzfunktion, die Wanddicke der Kammern, den Zustand der Kranzgefäße, die Thromboseneigung und damit das Risiko für Infarkt, Schlaganfall und Embolien auswirkt.
Die kurzfristige Steigerung des Blutdrucks ist langfristig offenbar nicht von Nachteil
Bekannt und für etliche Kaffeetrinker nachvollziehbar – weil ihr Herz dann stärker pocht -, ist der kurzfristige Blutdruckanstieg, kaum dass die Tasse leer ist. Dieser Effekt ist zwar deutlich zu spüren, doch auf Dauer wirkt sich sogar intensiver Kaffeegenuss erstaunlich mäßig auf den Blutdruck aus. Langzeitstudien haben gezeigt, dass selbst der jahrzehntelange Konsum von fünf Tassen Kaffee täglich den Blutdruck auf Dauer nur um durchschnittlich fünf Millimeter auf der Quecksilbersäule (mm Hg) steigen lässt – der Druck beträgt dann beispielsweise 138/88 statt 133/83 mm Hg.
Es ist möglich, dass der Kaffee noch weitere medizinische Überraschungen bereithält. Erst in der vergangenen Woche berichteten Forscher auf dem Jahreskongress der US-Neurologen, dass starker Kaffeegenuss – wieder waren vier Tassen täglich gemeint – offenbar mit einem geringeren Risiko für Multiple Sklerose einhergeht.
„Die Aufnahme von Koffein wurde auch schon mit einem verringerten Risiko für Parkinson und Alzheimer in Verbindung gebracht“, sagt Ellen Mowry von der Johns Hopkins University in Baltimore. „Unsere Studie zeigt, dass Kaffee tatsächlich eine schützende Wirkung auf das Gehirn haben könnte.“
Artikel vom 3.3. 2015 in der Süddeutsche.de
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